Friedensforum Johanniskirche 1631–2031. Aufgabe – Selbstverständnis – Ziele
„[…] so war der 20. Mai, an dem Magdeburg unterging, der blutigste Tag in der gesamten Geschichte des [Dreißigjährigen] Krieges.“ (H. Münkler, 2018)
Aufgabe
Magdeburgs Untergang am 10./20. Mai 1631 hat sich dauerhaft in das kollektive Gedächtnis unseres Kontinents eingebrannt. Diese Vergangenheit ist nicht überwunden. In einer Welt, in der die Geisel des Krieges täglich neues Leid hervorruft, und in der doch der Ruf nach Frieden und Verständigung niemals verstummt, bleibt Magdeburgs Schicksal ein Sinnbild für globale Menschheitsfragen. Wie kaum eine andere Stadt in Deutschland steht die Elbmetropole für die Traumata wiederholter kriegerischer Gewalt und die Bewältigung ihrer Folgen.
Rechtzeitig vorbereitet, bietet der 400. Jahrestag der Zerstörung im Jahre 2031 die Chance zur Gestaltung einer Dekade des Erinnerns, der Diskussion und der Verständigung über Konflikte und Kriege bis in die Gegenwart. Von der Elbe soll dabei ein starkes Signal für eine reflektierte Friedensarbeit ausgehen, die auf Verstehen, Versöhnung und Zusammenarbeit setzt und damit in epochalen Umbrüchen einen Beitrag zur Werteorientierung leistet.
Aus der Überwindung seiner totalen Zerstörung durch einen von Zuwanderung getragenen Wiederaufbau schöpft Magdeburg Zuversicht und Selbstvertrauen in die Gestaltung einer weltoffenen Stadt mitten in Europa.
Der Wiederaufbau der Johanniskirche ist nach 1989 zum Symbol des Neuanfangs geworden. Mit seiner Vollendung hat Magdeburg einen besonderen Ort wiedergewonnen. Das mehrfach kriegszerstörte Gotteshaus, als Keimzelle der Altstadt und Kirche des Rates stets die gute Stube der Stadt, ist wieder Feststätte der Bürgerschaft für besondere Anlässe. Sie soll nun zu einem Ort entwickelt werden, der der Erinnerung an Zerstörung und Wiederaufbau Raum gibt und damit dem Selbstverständnis dieser Stadt sichtbaren Ausdruck verleiht.
Selbstverständnis
Ohne das „Kuratorium zum Wiederaufbau der Johanniskirche“ hätte die alte Magdeburger Bürgerkirche nicht in neuem Glanz erstehen können. Um sie als herausragenden Erinnerungs- und Veranstaltungsort für die Stadtgesellschaft des 21. Jahrhunderts zu profilieren, braucht die Johanniskirche auch in Zukunft starke zivilgesellschaftliche Impulse.
Im November 2021 konstituierte sich das Kuratorium „Friedensforum Johanniskirche 1631–2031“. Durch die Vorbereitung des Gedenkens an die Zerstörung Magdeburgs 2031 will es dem Gemeinwohl dienen. Als offene Initiative aus Bürgerschaft, Kirchen, Wissenschaft, Kultur und Wirtschaft moderiert das Kuratorium die Verständigung über historisches Erbe, städtische Identität und ihre zeitgemäße Vermittlung in vertrauensvoller Zusammenarbeit mit Stadtrat, Stadtverwaltung und weiteren Partnern. Alle Magdeburger*innen, die Gäste und die Freunde unserer Stadt sind eingeladen, diesen Prozess mitzugestalten.
Das Kuratorium versteht sich vorrangig als Diskussionsforum, Koordinierungsstelle und Partner für Initiativen und Projektträger. Es übernimmt keine finanzielle Gesamtverantwortung, kann den Projektträgern aber Impulse und Unterstützung anbieten.
Ziele
- 1. Im Laufe der Dekade etabliert Magdeburg eine zeitgemäße Erinnerungskultur, die aus der historisch gewachsenen Identität der Stadt zukunftweisende Perspektiven sowie Projekte für Frieden und Verständigung entwickelt.
- 2. Durch eine Vielzahl von Formaten wird die Stadtgesellschaft in ihrer ganzen Breite angesprochen, aber auch überregionale Sichtbarkeit erreicht. Ein reger Diskurs verbindet Magdeburg insbesondere mit seinen Partnerstädten und den Kommunen des Magdeburger Rechts in Osteuropa.
- 3. Künstlerische Projekte von großer Reichweite interpretieren die weltgeschichtliche Verknüpftheit, Ambivalenz und Relevanz der Ereignisse in neuer Sprachfähigkeit.
- 4. Die materiellen Verluste im kulturellen Erbe werden durch eine umfassende Spurensuche an vielen Orten im Stadtraum wieder sichtbar gemacht.
- 5. Bis zum 400. Jahrestag 2031 werden rund um den 10. Mai Orte der Erinnerung und Rituale des Gedenkens initiiert, die dem kollektiven Trauma der mehrfachen Zerstörung ebenso Raum geben wie den Lebensgeistern des Wiederaufbaus.
- 6. Die Johanniskirche steht dabei als Referenzort erlebbarer Stadtgeschichte im Mittelpunkt. Ihr Potential als Gedenk- und Erinnerungsstätte, Diskussionsforum und Lernort wird umfassend gehoben und bürgerfreundlich entwickelt.